Heimatverein Egestorf e.V.

Die Verkoppelung (Planrezeß) in Egestorf 1848

 

Vor genau 170 Jahren begann in Egestorf die Verkoppelung der Höfe. Die Ländereien wurden von Landvermessern des Königreichs Hannover neu vermessen und zugeteilt, die Bauern konnten sich von den Lehnsherren ablösen. Auch in unseren Dörfern rundherum wurde diese Maßnahme durchgeführt, in Döhle begann sie erst 1870. Hiervon existiert eine wunderbar erhaltene große Verkoppelungskarte, die in unserem Archiv aufbewahrt wird. Auch die umfangreichen Aufzeichnungen vom Planrezeß in unseren Dörfern sind noch vorhanden.


Bei den Verkoppelungen handelte es sich um eine Vorform der heutigen Flurbereinigung im 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland. Sie bewirkten durch die Neuverteilung der vormals gemeinsam genutzten landwirtschaftlichen Flächen eine großangelegte Nutzungsänderung, die neben einer Agrarreform weitreichende soziale Veränderungen auslöste. Das Landschaftsbild änderte sich grundlegend, da die Dreifelderwirtschaft abgeschafft und die heutigen geometrischen Ackerformen schuf. In Deutschland gab es noch Anfang des 19. Jahrhunderts vielfältigen Allgemeinbesitz und Nutzungsberechtigungen an landwirtschaftlichen Flächen. Allgemeinbesitz war die Mark (Feldmark) oder auch Allmende. Nutzungsberechtigt waren die ansässigen Bauern als Markgenossen.


Der Heimatforscher Dr. Friedrich Wilhelm Reineke aus Salzhausen befasst sich mit diesem Thema auch in unserer Buchausgabe „Egestorf – Ein Heide-Kirchspiel (erschienen 1995) und berichtet unter anderem:
„So setzten sich auch die Realgemeindemitglieder der Dörfer um Egestorf zusammen, um in zahllosen Sitzungen und nach erbitterten Debatten festzustellen, wer wo warum berechtigt war. Die als Zeugen aufgerufenen Dorfhirten berichteten wahrheitsgemäß von Gebieten, die abwechselnd zu verschiedenen Jahreszeiten, ja Wochentagen beweidet werden durften. Schließlich einigte man sich und markierte die neuen Grenzen mit Wall und Graben und bepflanzte sie mit Birken. Die Grenzen zu den Flächen des Fiskus wurden durch große Steine gekennzeichnet, die auf der einen Seite eine Wolfsangel, das Hauszeichen der Welfen, auf der anderen fortlaufende Nummer trugen und deren genauer Standort in neue Karten eingetragen wurde. Es erhielten so, was auch heute noch meist zu den Dörfern gehört:
Egestorf 1.252 ha, Döhle 867 ha, Evendorf 1.176 ha, Sahrendorf mit Schätzendorf und Sudermühlen zusammen 1.573 ha, Nindorf 799 ha.

 

Danach traten die Bodenbewerter in Aktion, die alles Land in meist 7 Bodenklassen einteilten, und Geometer vermaßen die einzeln eingebrachten Acker-, Wiesen- und Gartenflächen sowie die gemeinsam genutzten Anger-, Heide- und Waldflächen. Als Vergleichseinheit galt der KWW (=Kuhweidenwert). Er stellt die ermittelte Fläche dar, die eine Heidekuh jährlich zur Erhaltung auch in Katastrophenjahren benötigte. Ihre in allen Dörfern unterschiedliche Größe war durch die Bodenqualität, die Anzahl und den Wert des Viehs bestimmt. Dazu musste alles Vieh - vom Pferd bis zur Gans - nach festem Schlüssel auf Großvieheinheiten umgerechnet werden. Wichtig war auch noch die Entfernung zum Dorf. Dann begann die eigentliche „Verkoppelung“. Die unendlich vielen, oft im Amtslagerbuch aufgeführten schmalen Streifen der einzelnen bis dahin stets gemeinsam beackerten Dorffelder wurden zu bearbeitungswürdigen Blöcken zusammengelegt, mit geraden Grenzen und Zuwegungen versehen. Auch die mäandernden Dorfbäche wurden begradigt und mit Brücken oder Durchlässen bei jedem Wetter überquerbar gemacht. Die Wege und breiten Triften erhielten Abzugsgräben. Heute würde eine solche Verkoppelung sicher völlig anders durchgeführt werden“.

 

Diese Karte von Egestorf wurde damals angefertigt. Sie zeigt alle im Ort befindlichen Gebäude mit den Grenzen der Hofstellen und sind mit Buchstaben gekennzeichnet, unten stehen die Namen der damaligen Besitzer. Egestorf zählte 1848 zehn Vollhöfe, fünf Kötner (Brinksitzer), vier Abbauern, drei Anbauern, Pfarrhaus, Küsterei, Kirche und ein Gemeindehaus (Hirtenhaus). Das waren 26 Gebäude ohne die Häuslingshäuser, die nicht aufgeführt wurden, da sie zu den Höfen gehörten. Zu dieser Zeit hatte der Ort ca. 300 Einwohner.
In unserem Dorfmuseum in Dresslers Hus steht ein Egestorf-Modell, das die Mitglieder der ‚Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft‘ 1979 nach dieser Karte herstellten. Es wird von Besuchern immer wieder bewundert.

EDV-gestützter Abruf von Inventar- und Archivgut 

 

Die Bestände der Gemeinde Egestorf und des Heimatvereins wurden in einer umfangreichen Datenbank erfasst.


>> weiter zur Datenbank


de.wikipedia.org