Heimatverein Egestorf e.V.

Treibjagden in früheren Jahrhunderten, Wölfe und das Symbol „Wolfsangel“

Das Thema „Wölfe“ ist nach deren Wiederansiedelung zurzeit in aller Munde. Auch in unserer näheren Umgebung wurden bereits einige Tiere gesichtet und Wolfsrisse aufgefunden. In früheren Jahrhunderten fanden Treibjagden statt, in denen Wild - also Wölfe, Rehe, Hirsche, Füchse usw. - gejagt und erlegt wurde. Auch in der heutigen Zeit veranstaltet die Jägerschaft im Winter Treibjagden, aber auf eine andere und humanere Art. Wölfe stehen unter Schutz, aus diesem Grund finden zurzeit Diskussionen sowie Beschwerden zwischen Viehbesitzern und Jägern mit den Tierschutzverbänden und den zuständigen Landesbehörden statt.

Das große königlich hannoversche Revier in unserer Region war der Garlstorfer Wald, in Garlstorf befand sich ein sogenanntes Jagdschloss, in dem die Prominenz übernachtete. Die Tiere wurden auf der Jagd nicht nur mit Gewehren erlegt, sondern meistens grausam in Fallgruben und mit Netzen gefangen oder mit Knüppeln erschlagen. Wölfe wurden außerdem oftmals mit speziellen „Wolfsangeln“ getötet, ein aus Eisen geschmiedetes Jagdgerät. Die mit Widerhaken versehenen Enden waren mit Ködern (zum Beispiel mit den Eingeweiden erlegter Jagdtiere) bestückt und an einem Baum so hoch aufgehängt, dass sie danach springen mussten, um zuschnappen zu können. Die Wölfe blieben mit der Schnauze hängen und verendeten in Qualen.

Auf Wikipedia wird berichtet: „Die Wolfsangel als Symbol hat im Forstbereich eine weit zurückreichende Geschichte. Bereits in einem 1616 geschlossenen Grenzvertrag zwischen Braunschweig-Lüneburg und Hessen wurde die braunschweigische Grenzmarkierung „als ein Wulffsangel“ bezeichnet. Sie wurde nicht nur auf Grenzsteinen eingesetzt, sondern es gibt auch Nachweise über den Gebrauch im Schriftverkehr der Forstämter aus dem Jahr 1674.“

König Ernst August von Hannover machte die Wolfsangel Mitte des 19. Jahrhunderts offiziell zum Symbol des hannoverschen Forst- und Jagddienstes. Dem Wappenbild mit einem auf dem Rasen laufenden Sachsenross wurde eine Wolfsangel zugefügt, sie befand sich auch auf den Forstkoppelschlössern des Herzogtums. Noch immer wird das Symbol in verschiedenen Forstrevieren in Niedersachsen als Grenzmarkierung, insbesondere bei Abteilungsgrenzen, eingesetzt. Auch im Jagdbereich hat sich die Wolfsangel als Abbildung bis heute erhalten. Grenzsteine mit dem Wolfsangelzeichen sind in unserem Bereich im Garlstorfer Wald vorhanden. Der Heide-Dichter Hermann Löns setzte unter seine Unterschrift ab 1905 häufig das Zeichen der Wolfsangel, im Dritten Reich war sie ein NS-Symbol. Heute ist die Verwendung verboten, aber die Wolfsangel ist oftmals noch in alten Gemeinde- und Vereinswappen abgebildet, hier ist das Verbot ausgenommen.

Jagdaufzeichnungen


Pastor Simon Baumgarten vermerkte 1672 in der Egestorfer Kirchenchronik:
„Im November ward die Schweinehatz im Harburgischen Amt angestellt, welcher seiner fürstlichen Durchlaucht persönlich beigewohnet, woselbst im Kleckerwald über 100 Stück wilder Schweine gefället. Unter andern auch ein Bauer vom Wolf verletzet, denn wie der Wolf eben dem Netze entwischen wollte und gedachter Bauer denselben bei den Füßen zurückgezogen, ergreift der Wolf dessen Hand, davon man gesagt, daß sie, weil des Wolfes Biß giftig sei, habe müssen abgenommen werden, der Mann aber von Sr. Durchlaucht mit der Freiheit von Abgaben begabt. Nachgehends wurden solche Jagden im Amte Winsen continuieret, als in Radbrook, Garlstorfer Walde und zu Anfang Dezember im Eiendorfer Walde, in welcher letzten 26 wilde Säue, 12 Rehe, deren in anderen Jagden geschonet, allhie aber gefället wurden, und 9 Füchse. Die Hirsche und Hinden (Hirschkühe) wurden durch den Schlachtkoven ausgelassen auf die Seiten hin. Se. fürstliche Durchlaucht war selbst zugegen und erlegte mit Schießen die herumstreifenden Rehe und Füchse, wenn diese lange genug mit Prügeln beworfen und gejaget.“

Der Heimatforscher Dr. Friedrich Wilhelm Reineke berichtete 1995 in dem Buch „Egestorf - Ein Heidekirchspiel“:
„Dort, wo sich heute Bachen mit ihren Frischlingen suhlen (Wildpark Nindorf), hielten vor mehr als 300 Jahren welfische Herzöge und vor 250 Jahren Könige von Großbritannien mit ihren noblen Jagdgästen ihre Schweinehatzen mit Saufedern (Stoßwaffen/Stangen) ab. 1702 wurden „nicht weit von Nindorf 60 Stück wilder Schweine an einem Tag gefället“, nachdem vorher die Hirsche und Hindinnen „durch die Lappen gehen durften“. Nicht fern der Stelle, wo heute die Wölfe in ihren großen Gehegen heulen, auf der Knete, widerfuhr ihnen vor Jahrhunderten Schlimmeres. Wurde der Obrigkeit bekannt, „daß die hochschädlichen Tiere, die Wölfe, allenthalben gar oberhandt nehmen, also gar daß auch dieselben sich an den Menschen vergreifen sollen“, schickte der Amtsvogt Meyer vom Jagdschloß zu Garlstorf seine Zuentbieter (Männer, die Jagdhelfer aufsuchten) aus. Die Pastoren in den Dorfkirchen kanzelten die Jagdaufforderung mehrfach ab. Alle 287 jagdfolgepflichtigen Stätteninhaber und ihre über 14-jährigen männlichen Hausgenossen mussten zur dreitägigen, gefürchteten Drückjagd antreten. Die Spannpflichtigen (ausgewählte Bauern mit Gespannen) holten die Netze und Lappen aus Lüneburg, wohin nach der Jagd dann auch die Strecke (die erlegten Tiere) gebracht werden musste.

Die Angst der Treiber vor den Bissen der oft tollwütigen Wölfe war größer als die Freude auf außergewöhnlich gutes Essen und Trinken: Morgens: Biersuppe, Schafswurst, Brot, Speck und Branntwein. Mittags: Hühnersuppe, Rinderbrust mit Meerrettich, Kohl mit Hammelfleisch, Schmoräpfel, Broyhan (historische Biersorte aus Hannover) und Köhm. Abends: Biersuppe, Schafswurst, Kohlsalat, Brot und Butter, Bier und Köhm.
Ein bereits 1567 erlassenes Gesetz „wider sitzende Gäste zum Gesöff bis in die späte Nacht“ wurde extra außer Kraft gesetzt, um die Mannen bei Mut und guter Laune zu halten. Wer der Jagd fernblieb, den Wolf versah oder aus Unachtsamkeit durchließ, musste mit 3 Tagen Arrest bei Wasser und Brot rechnen. In Wahrung seiner landesväterlichen Sorgfaltspflicht ließ der Jagdherr den vom Wolf gebissenen Treibern die Gliedmaße durch den Amtschirurgen (ohne Narkose!) amputieren. Als Entschädigung erhielt er lebenslange Dienst- und Zinsbefreiung (Landpachtbefreiung). 1648 wurden so 186 Wölfe erlegt, 1662 sogar 200. 1723 begnügte man sich mit der Pauschalangabe „Drei Leiterwagen voll“.

Noch 1850 hatte ein Wolf auf der Nindorfer Errenwisch (Adlerwiese) ein Rind gerissen und sich da vollgefressen und schnarchend im Busch des Kahlstegen zur Rast und Verdauung niedergelegt. Dort stellten ihn mutige Dorfbewohner und erschlugen ihn. Solche Beispiele überragenden Mutes gab es auch schon früher: „Als ein Weib des morgens früh aufgestanden und bei ihrer Nachbarin backen wollte, ist ein Wolf dem Weibe an die Kehle gesprungen, welchen sie beim Fuße solange gehalten bis der Mann, als er das Schreien hörte, aus dem Bette gesprungen, den Wolf in die Arme gefasset und solange gehalten, bis das Gesinde zugelaufen und mit Forken den Wolf erstochen.“

1872 wurde westlich von Becklingen bei Bergen der vorerst letzte Wolf in der Lüneburger Heide gesichtet und erschossen.

Dr. Reineke berichtet weiterhin über die Jagd: „Aus den Streckenberichten der St.-Michaelis-Jäger (Höfe mit Gutsherrschaft des Klosters Michaelis, Lüneburg) wissen wir von Birk- und Feldhühnern, von Kolkraben und Waldstörchen, sogar von Adlern und Kranichen. Eine heute völlig unverständliche Jagdart ist die auf Lerchen, deren Zungensalat als Aphrodisiakum geschätzt war, und auf den Krammetsvogel (Wacholderdrossel), mit dessen Fangen sich die Bauern leicht 100 Taler zuverdienen und damit bequem alle Kleidung und Schuhzeug für die ganze Familie bezahlen. Niederwild wurde mit „Strickwinden“ gejagt. Je nach Fertigkeit wurden 2-3 Windhunde mit Lederriemen aneinandergekoppelt, mit denen sie ihre Jagdbeute einschnürten. Es gehörte zur Jagdfolge der hörigen Bauern, diese Hunde in Köterkoben (Hundestall) zu halten und das als Futter benötigte Hundebrot abzuliefern. Da wundert es nicht, dass sich Wilddiebe, obwohl strengstens bestraft, heimlicher Unterstützung erfreuten, z.B. der legendäre Wildschütz Hans Eidig.“

 

EDV-gestützter Abruf von Inventar- und Archivgut 

 

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