Heimatverein Egestorf e.V.

Der Postweg von Harburg nach Celle - Die Poststation in Sahrendorf

 

An der Aue entlang führte der Postweg von Harburg nach Celle und Hannover, in der Gemeinde Egestorf über Sahrendorf, Sudermühlen und Döhle. Der „Alte Postweg“ ist heute als Wander- und Reitweg ausgewiesen, er war ursprünglich breiter. In Döhle kann man im Waldstück Richtung Hörpel noch die Wagenspuren erkennen. In Sahrendorf befand sich eine staatliche Poststation, das Haus an der Sudermühler Straße hatte einen besonderen Brunnen mit keiner wie hier üblichen Wippe, sondern mit einer Winde zum Wasser holen. Das Gehöft mit dem Brunnen davor steht noch so wie damals gebaut am ursprünglichen Platz, am Brunnenrand sind die Dellen vom vielen Messerschärfen zu sehen. In Döhle konnten Reisende bei Witthöfts (jetzt Landhaus) ebenfalls rasten und übernachten, es war aber keine offizielle Poststation. Die nächste befand sich in ca. 40 km Entfernung in Wietzendorf im heutigen Heidekreis, das war von hier eine Tagestour.

Posthaus Sahrendorf

Heimatforscher Dr. F. W. Reineke (Salzhausen) schrieb über die Entstehung der Sahrendorfer Poststation in seinem Buch ‚Egestorf, ein Heidekirchspiel‘: „Schon seit 1616 verkehrten die Taxis’schen Fahrposten (Anm.: Thurn und Taxis, nur Reitpost), und am 04.08.1652 öffnete der welfische General-Erb-Postmeister Hinüber eine Fahrpoststrecke von Hannover über Celle nach Harburg. 1678 übernahm der italienische Günstling des Herzogs Wilhelm, Capellini (genannt Stechinelli), die Landespost. 1682 verkaufte er sie an die Grafen von Platen, die dann 1688 auch zu Sahrendorf ein neues Posthaus bauen ließen und mit einem Posthalter auf Provisionsbasis besetzten. Das war die spätere Nr. 10, die ab 1736 staatlich war. Zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Route weiter westlich über Welle-Soltau verlegt und bald nach Einweihung der Eisenbahn Celle-Harburg eingestellt.“

Auch unser Egestorfer Heimatforscher Heinrich Schulz berichtet in der Sahrendorf-Chronik ausführlich über das Postwesen: „Im Jahre 1688 wurde in Sahrendorf ein neues Posthaus gebaut, Postmeister und Postverwalter wurden von nun an nur Einheimische, die lutherischen Glaubens waren und genügend Kaution (Sicherungsgelder) stellen konnten. Der Grundherr verfügte über Land und brauchte keine Steuern und keinen Zehnten abgeben, außerdem hatte er das Recht, 8 Stück Hornvieh, 200 Schafe und 20 Immen zu halten. Er durfte das Vieh mit auf die Gemeindeweide treiben. Die Postillione trugen gelb-rote Uniformen mit einem Schild mit Wappen und Posthorn. Das Kennzeichen der Posthäuser war das weiße Roß.“

Das Holz für den Neubau wurde zum Verdruss der Bauern aus ihren Wiesungen (kleine Waldbestände) genommen. Der Graf von Platen verkaufte das Haus 1688 an den Postverwalter Jonas Ziel als freies erbliches Eigentum. Mit dem Haus war eine Krugkonzession verbunden, außerdem wurde in der Ahlerschen Brinkkote ein Krugbetrieb unterhalten, der jährlich drei  Reichstaler an das Amt Winsen abwarf. Krüge gab es sonst nur in Kirchdörfern (in Egestorf damals im Hof Nr. 4, Rieckmann). Der Postmeister hielt sich zum Postdienst drei Gespanne Pferde auf eigene Rechnung, die er im Postdienst einsetzte. Die Bauern beschwerten sich bei der kurfürstlichen Regierung in Hannover und hatten Erfolg. Der Postmeister und die Bauern durften ihre Pferde als Postfuhre bereitstellen. Aber der Beklagte hielt sich nicht daran, deshalb beschwerten sie sich 1705 beim Michaeliskloster in Lüneburg. Das Amt Winsen erhielt daraufhin aus Hannover den Auftrag, „den raffgierigen Posthalter Ziel, der den armen Untertanen ihr Brot nicht gönne, das Fahren zu verbieten, das den Sahrendorfern bei der Erbauung des Posthauses im Jahre 1688 vom Grafen Platen-Hallermund als ihr überkommenes Recht garantiert worden sei.“

Kantor Schulz berichtet weiter: „Im Posthause und Kruge zu Sahrendorf kehrten oft auswärtige Gäste ein, die dort zu übernachten oder zu speisen wünschten: hohe und niedrige, reiche und arme, gesunde, ja auch kranke und von langer Fahrt ermüdete. Allwöchentlich gab es in den beiden Herbergen an bestimmten Tagen zur bestimmten Stunde etwas zu sehen und Neues aus der großen weiten Welt da draußen zu hören, wenn das Posthorn die Ankunft und die Abfahrt der Postwagen ankündigte. Über den Aufenthalt eines seltenen Reisenden im Sahrendorfer Posthause berichtet die Egestorfer Pfarrchronik 1713. Es war kein Geringerer als Zar Peter der Große, Kaiser aller Russen, der Erbauer Petersburgs“.

Da der Krieg in Holstein mit der Kapitulation der Schweden zu Ende war, löste Zar Peter seine Armee auf und begab sich auf die Heimreise. So kam er auf der Poststraße über Harburg nach Sahrendorf, allerdings ohne den Postwagen zu benutzen. Bis hier stellten die Bauern des Amtes Harburg die Gespanne und Reitpferde, von Sahrendorf bis Wietzendorf hatten die Bauern des Amtes Winsen die ‚Herrenpflicht‘, diese hatten die Höfe unentgeltlich zu entrichten.

Pastor Heckenberg zeichnete in der Kirchenchronik über den hohen Besuch auf: „Seine Zaristische Majestät aus Moskau, Peter Alexeowitz, nachdem sie die Armee in Holstein quittieret, reisete nach Hannover durch Sahrendorf, als er neu Vorspann allda bekam. Es war ein langer, ansehnlicher Mann, trug schwarze Haare, so unten etwas kraus waren, speisete ein wenig von dem Kälberbraten und hatte während des Essens sein Haupt bloß. Hernach setzte ihm ein Diener seine rauhe Zobelmütze wieder auf und hatte einen schlechten mit Zobeln gefütterten Rock an, woran von klarem Golde Knöpfe waren. Er wurde als ein sanftmütiger Mann gerühmt, obgleich er niemanden recht ansah. Seine Trabanten waren zwar ein fürstliches, aber ein wildes, schlecht bekleidetes Volk und machten den Leuten in Sahrendorf, so die Pferde hergeben mußten, worauf sie bis Wietzendorf ritten, viele Ungelegenheiten, indem sie einige Pferde dermaßen jagten, daß etliche darunter krepieret.“

Drei Jahre später erschien Peter der Große abermals in Sahrendorf: „In diesem 1716. Jahre reisete der Zar Peter Alexeowitz nach Pyrmont und kam den 14. Juni zu Sahrendorf an und speisete daselbst des Nachmittags. Die Mahlzeit wurde aus der Kurfürstlichen Kammer zu Hannover bezahlt, und die Bauern aus der Vogtei Garlstorf und Pattensen mußten ohne Bezahlung die Pferde zum Fahren und Reiten austun. Der Zar wurde in einer Sänfte von Pferden getragen, also daß zwei Pferde vorn und zwei hinten unter der Last gingen. Da nun die Pferde darunter zu gehen nicht gewohnt, so ist davon ein Pferd krepierte, so einem Hauswirt zu Borstel bei Winsen gehöret hat.“

Weitere Persönlichkeiten, die in Sahrendorf einkehrten, waren 1757 der Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel (gemeinsam mit den Prinzessinnen auf der Flucht) sowie 1786 der Herzog Carl Eugen von Württemberg. Er beklagte sich über schlechte Pferde. Auch der Dichter und Herausgeber Heinrich Christian Boie aus Meldorf (1744-1806) übernachtete im Posthaus.

Es kam vor, dass Reisende in ihrer Unterkunft in Sahrendorf oder Döhle verstarben, sie wurden auf dem damaligen Egestorfer Friedhof an der Kirche beigesetzt. Wenn Herkunft oder Glaube nicht bekannt war, erhielten sie ihr Grab hinter dem Kirchturm.

Die Posthalterfamilien hatten einen höheren „vornehmen“ Stand, bei Todesfällen erhielten die Verstorbenen ihr Grab in der Kirche. Kantor Schulz berichtet über eine Beisetzung: „Im Posthause zu Sahrendorf ist große Trauer eingekehrt. Die Gattin und Mutter ist es, die am 8. Oktober 1724 zur letzten Ruhe bestattet werden soll. Es ist sicherlich ein großes, feierliches Begräbnis gewesen. Jonas Ziel hatte als Posthalter ohne Zweifel einen großen Bekanntenkreis. Er war von vornehmer Herkunft, und ihm gebührte der Titel „Herr“, der im ganzen Kirchspiel sonst nur noch dem Pastor zukam.  Dorothea Margaretha Ziel, geb. Schrader, die Gattin des Herrn Posthalters, wird zur Bestattung in die Kirche getragen. Rechts von der Döhler Bank hatte man das Männergestühl hinweggeräumt. Dort ward ihr neben der ältesten Tochter, die ihr zur Linken ruht, das Grab bereitet. Das Grab wird eingeebnet und mit einer großen Sandsteinplatte zugedeckt.“

1701 wurde die junge Posthaltersfrau J. Maria Sophia Höfftin ebenfalls in der Kirche beigesetzt. Ihr zu Ehren ließ der Ehemann eine Gedenktafel (Epitaph) mit ihrem Bildnis anfertigen, es hängt rechts vom Altar.  Im Kirchenraum ruhen etwa 75 Tote, die von 1419 bis 1782 hier beerdigt wurden. Leider hat man später aus „Unverstand und Pietätlosigkeit“ (Kantor Schulz) die Grabplatten aus der Kirche herausgenommen und u. a.  zu Trittsteinen verarbeitet.

1791 wurde die Zollstelle von Wietzendorf nach Soltau verlegt, und so verlief der Postweg nicht mehr über Sahrendorf sondern über Welle nach Soltau.

Ende des 19. Jahrhunderts fuhr eine Kutsche von Egestorf zu den Bahnhöfen Wulfsen und Winsen. Die Haltestelle befand sich bei „Simons“ (jetzt Polster) in der Garlstorfer Straße, hier konnten die Fahrgäste auch einkehren. 1906 wurde die Bahnlinie Winsen-Egestorf eingeweiht, das bedeutete das Ende des Kutschbetriebs in unserer Gemeinde.




EDV-gestützter Abruf von Inventar- und Archivgut 

 

Die Bestände der Gemeinde Egestorf und des Heimatvereins wurden in einer umfangreichen Datenbank erfasst.


>> weiter zur Datenbank


de.wikipedia.org