Heimatverein Egestorf e.V.

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1924 nach viel Streit seines Amtes enthoben

 

Pastor Bode führte aus, er habe mit Pastor Ringelmann in Frieden auszukommen versucht. Dies sei aber unmöglich gewesen. Der Hanstedter Pastor habe in verschiedenen Eingaben die Unwahrheit über Bode gesagt, und bei restloser Widerlegung sei nie ein Wort der Entschuldigung gefallen.
Bode wörtlich: „Sonst beweist doch der Kläger dem Angeklagten seine Schuld. Das ist Rechtens! Hier muss ich, der Angeschuldigte, meine Unschuld nachweisen. Das ist nirgends Landbrauch. - Ich habe meine Freizeit, meine Mittel in den Dienst großer, gemeinnütziger Gedanken gestellt. War das Unrecht? Ich bitte um den Schutz meiner Behörde."
Der Streit scheint in den folgenden Monaten weitergegangen und sogar eskaliert zu sein. In seinem Brief vom 23. Juli 1913 erhebt Wilhelm Bode schwere Vorwürfe gegen den Pastor aus dem benachbarten Hanstedt. Ringelmann, der alles, was er -Bode - getan habe, „heruntermachte und von der Kanzel aus begeiferte, statt Gottes Wort zu predigen", verwüste das kirchliche Leben in Hanstedt, das könne man am zurückgegangenen Kirchenbesuch trotz gewachsener Seelenzahl erkennen. Als Ringelmann sich um die Pfarre in Stelle beworben habe, gab nach Bodes Schreiben der Gemeindevorsteher Dittmer die Parole aus: „So, nun müssen wir ihn aber über alle Maßen loben, sonst werden wir ihn nie wieder los!" Bode weiter: „Und der Mann richtet, verdammt, sucht eine ganze Familie ins Unglück zu bringen, verhetzt die Gemeinde unter Hintansetzung jeder Wahrheit. Es ist herzbrechend."
Eine Woche später besuchte dann der Generalsuperintendent die Kirchengemeinde Hanstedt. Jetzt bedauerte der Kirchenvorstand die gegen Pastor Bode am 13. Januar 1913 erhobenen schweren persönlichen Anschuldigungen, er nahm sie zurück und ersuchte den Generalsuperintendenten, dem Egestorfer Pastor, zu übermitteln, dass der Kirchenvorstand sie ihm abbitte.
Trotzdem erklärten die Kirchenvorsteher, dass sie es aufs Ttiefste bedauerten, dass Bode sich mit den Angelegenheiten des Naturschutzparks und dem Grundstückserwerb befasse. Unter Umstän-den werde unter Mithilfe des Geistlichen ein Teil der Undeloher Höfe verkauft, dann könne der Rest der Bewohner der Ortschaft sich nicht halten.
Außerdem befürchteten die Kirchenvorsteher, durch den Naturschutzpark würden immer mehr großstädtische Besucher nach Undeloh gezogen, die alle Sonntagsstille raubten und eine Gefahr für die Jugend darstellten. Wegen des Gasthofes in Wilsede ließen sie sich zwar durch die Vorlage von Urkunden überzeugen, dass der Pastor Bode hier keine eigennützigen Zwecke verfolge, hielten es aber nicht für richtig, dass ein Geistlicher sich so in weltliche Geschäfte verflechten lasse. Schließlich klagten sie noch über Bodes Anmerkungen über die Rückständigkeit der Undeloher. Der Generalsuperintendent wies jedoch darauf hin, auch wenn Bode den Grund und Boden be-dürftig genannt habe, so habe er sicher nicht „den von ihm hochgeschätzten Heidebewohnern Zu-rückgebliebenheit vorwerfen wollen".
Der Generalsuperintendent versprach, Bode zur Vorsicht in seinen Äußerungen zu ermahnen. Ebenso wie der Kirchenvorstand nahm auch Pastor Ringelmann die in seinen Berichten
ausgesprochenen persönlichen Beleidigungen und Anklagen zurück und tat Abbitte.

Ein Kirchenvorsteher erklärte noch, er sei bei der Sitzung vom 13. Januar 1913 nicht anwesend gewesen und habe deswegen auch nichts abzubitten.
Am selben Tage fand noch eine Unterredung zwischen dem Generalsuperintendenten und den beiden Geistlichen in Nindorf statt. Bode erklärte sich durch die Abbitte zufrieden gestellt. Er bemerkte noch, er sei immer ein Gegner von Enteignungen durch den Naturschutzpark gewesen und wolle für seine Person vermeiden, bei Hanstedter und Undeloher Gemeindegliedern auf den Ver-kauf hinzuwirken. Weiter wolle er seinen Anteil an der Gastwirtschaft zum Heidemuseum aufge-ben. Es liege ihm auch fern, die Heidebewohner, insbesondere die Undeloher, gering zu schätzen. Die lästige Überflutung durch Großstädter werde auch ohne den Naturschutzpark eintreten. Diese Auffassung teilte auch Pastor Ringelmann.

Schließlich gab der Generalsuperintendent noch seiner Überzeugung Ausdruck, die Erregung der Kirchenvorsteher sei spontan und nicht von Pastor Ringelmann in die Leute hineingetragen worden. Er bat die beiden Amtsbrüder herzlich, nachdem abgebeten und verziehen sei, keine bittere Wurzel in ihren Herzen zu lassen. Beide erklärten sich willig.
Aus diesem Streit wird ersichtlich, auf welchen Widerstand der Plan für einen Naturschutzpark stieß. Dem Verein Naturschutzpark war durch eine Verordnung Kaiser Wilhelms II. als König von Preußen am 5. August 1912 ein so genanntes Enteignungsrecht zugestanden worden, in dem der Verein auf gewissen Gebietsteilen des vorgesehenen Naturschutzparks das Eigentum „in Ansehung des Bauens und der Ausübung der Jagd" beschränken konnte.
An der Spitze der Protestbewegung stand der Winsener Apotheker Dr. Theodor Meinecke, der um Ollsen herum - also im Bereich der Kirchengemeinde Hanstedt-Undeloh - zirka 2000 Morgen Heideland zur Aufforstung erworben hatte und dadurch in Konflikt mit den Naturschutzbestrebungen zur Erhaltung der Heide geriet. Wenige Monate vor dem Streit der Pastoren hatte er an den Preußischen Minister des Inneren und an den Landwirtschaftsminister eine Eingabe gerichtet, mit der er gegen das Naturschutzvorhaben protestierte. Sein Protest war auch in den „Winsener Nachrichten" veröffentlicht worden.

Auch in der Generalversammlung des Landwirtschaftlichen Vereins Salzhausen-Egestorf ging es am 17. Januar 1913 - also nur wenige Tage nach der Sitzung des Hanstedter Kirchenvorstandes - um das Enteignungsrecht des Vereins Naturschutzpark: „Redner Witthöft verbreitet sich über die Verordnung, das Eigentum in Ansehung der Ausübung der Jagd zu beschränken. Dadurch würden nicht nur die einzelnen Besitzer schwer geschädigt, sondern auch wertvolle an den Rändern gelegene Äcker u. Wiesen wieder in Unkultur zurückgeführt werden. Es ist daher unsere Pflicht, gegen die Ausführung dieser Verordnung sowohl im Interesse des Einzelnen als auch der Allgemeinheit zu opponieren. Aus den Ausführungen anderer Redner, die in der Sache das Wort erbaten, klang heraus: Es ist zu bedauern, dass einem großen nationalen Werke, das den Zweck hat, unser liebes Lüneburger Land an einer Stelle in seiner Eigenart und Ursprünglichkeit den kommenden Ge-schlechtern zu erhalten, durch solche Maßregeln, die wohl im Übereifer getroffen sein dürften, das Herz des Volkes entfremdet wird."
Es wird in den Dokumenten auch sichtbar, wie die außeramtliche Tätigkeit Pastor Bodes im Natur-schutzpark wie vorher und später im Genossenschaftswesen ihn Angriffen aussetzte, die gewiss nicht ohne seine eigene Schuld 1924 zu seiner Amtsenthebung führten.

 

DR. PHIL. ROLF LÜER: Heidepastor Wilhelm Bode

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